Post by ZEN Investor on Nov 1, 2019 20:36:22 GMT 1
Der Unterschied zwischen Preis und Wert
Wir nehmen als Beispiel die Unternehmen Feuer AG und Wasser AG.
Feuer AG hat folgende Kennzahlen:
- 1 Million Aktien
- Eigenkapital 10 Millionen (10 pro Aktie)
- Gewinn (2017) 500'000 (0.50 pro Aktie)
- Gewinn (2018) 1'000'000 (1 pro Aktie)
- Aktienkurs 10 CHF
- KBV 1,0
- KGV (2018) 10
- Eigenkapitalrendite rund 10% pro Jahr über die letzten 10 Jahre (2017 war ein schlechtes Geschäftsjahr).
Die Wasser AG hat folgende Kennzahlen:
- 1 Million Aktien
- Eigenkapital 10 Millionen (10 pro Aktie)
- Gewinn (2017) 2 Millionen (2 pro Aktie)
- Gewinn (2018) 2,5 Millionen (2,50 pro Aktie)
- Aktienkurs 200 CHF
- KBV 20
- KGV (2018) 80
- Eigenkapitalrendite rund 30% pro Jahr über die letzten 9 Jahre.
- Das Unternehmen wurde 2010 gegründet.
Der Aktienkurs der Wasser AG hat die letzten Jahre jährlich rund 50% zugelegt.
Die Feuer AG hingegen hat pro Jahr nur eine Performance von rund 5% im Aktienkurs gezeigt.
Es ist eindeutig:
Die Wasser AG hat 30% EKR, während die Feuer AG nur auf 10% kommt.
Die Wasser AG ist ein Growth-Unternehmen, es ist sehr schnell am Wachsen.
Die meisten Anleger finden, das KGV von 80 sei gerechtfertigt, da ja die Gewinne jährlich um 30% steigen (somit steigt das Eigenkapital um 30% pro Jahr, und die Gewinne steigen um 30% pro Jahr, damit die EKR bei 30% stabil bleibt).
Bei der Frage, welches dieser Unternehmen man nun kaufen sollte, würden die meisten Investoren, Spekulanten und Trader wohl zur Wasser AG greifen.
Dies weil sie eine viel höhere Eigenkapitalrendite hat als die Feuer AG und viel stärker wächst.
Viele Investoren, auch solche, die sich Value-Investoren nennen, vergessen dabei aber einen wichtigen Punkt:
Die Wasser AG kann nicht ewig mit 30% pro Jahr wachsen.
Das kann sie nur, weil sie noch klein ist und massiv neue Kunden gewinnt.
Die Wasser AG wächst unbestritten schneller, steigert die Gewinne immer schneller usw.
Aber jetzt kommt der Haken, bzw. das, was viele Value-Investoren zu vergessen scheinen:
Die Feuer AG ist ein viel besserer Kauf.
Weshalb?
Die Wasser AG muss ihre Gewinne die nächsten 10 Jahre weiterhin so stark steigern, um die Erwartungen der Aktionäre erfüllen zu können.
Das wird sie vermutlich aber irgendwann nicht mehr können.
Dann wird der Aktienkurs abstürzen, auch weil die Investoren sehen, dass ein KGV von 80 nicht gerechtfertig ist.
Bei einem Jahresgewinn von 2,5 Millionen liegt ein KGV von 80 vor bei einem Kurs von 200.
Was ist, wenn dieser Gewinn in den nächsten 5-10 Jahren sich bei 5 Millionen einpendelt und danach nicht weiter gesteigert werden kann?
Der Gewinn wäre zwar doppelt so hoch wie heute, aber es läge ein KGV von 40 vor (beim heutigen Aktienkurs), das heisst, die Aktie wäre viel zu teuer.
Bei der Feuer AG ist es genau anders herum:
Es ist eine langweilige Aktie, die niemanden interessiert.
Aber sie wird zum Buchwert gehandelt, das heisst, der Aktienpreis pro Aktie ist ungefähr so hoch wie das Eigenkapital (Vermögen nach Abzug der Schulden) des Unternehmens.
Bei der Wasser AG hingegen zahlt man das 20-fache des Eigenkapitals für das Unternehmen.
Für den Aktienkurs von 10 CHF gibt es bei der Feuer AG 1 CHF pro Jahr Gewinn.
Bei der Wasser AG gibt es zum Kurs von 200 CHF 2,5 CHF Gewinn pro Aktie und Jahr.
Also kurz gesagt:
Die Wasser AG ist zwar unternehmerisch (von der Gewinnsteigerung her) das bessere Unternehmen.
Man verdient 2,5 mal so viel pro Jahr oder gar 3 mal soviel im Verhältnis zum Eigenkapital.
Aber dafür kostet die Aktie 20 mal so viel. Und das macht keinen Sinn.
Wieso sollte ich für etwas, was 3 mal so gute Geschäfte macht, den 20-fachen Preis bezahlen?
Ich finde das recht erstaunlich, wie immer auch in Value Blogs überteuerte Aktien (wie Alphabet = Google, Facebook, Apple, Netflix oder Amazon) empfohlen werden.
Diese Unternehmen mögen 5 mal so schnell wie ein "normales" Unternehmen wachsen.
Aber man zahlt dann halt 30 mal oder auch 100 mal so viel.
Und das ist kein gutes Investment.
Ich bin aus diesen Gründen total gegen die Aktien der vorgenannten Wachstums-Unternehmen.
Und das nicht, weil ich glaube, diese Unternehmen würden bald pleite gehen.
Sondern weil sie an der Börse massiv überbewertet sind.
Wer es nicht glaubt, soll sich mal die Aktienkurs-Entwicklung ansehen.
Beispielsweise im Thema Wikifolio vergleiche ich mich mit "Tims Schafe", so nenne ich das Wikifolio von Tim Schäfers Blog.
Da wurden von den Lesern zahlreiche Aktien zusammen gestellt, und fast alles sind hoch bewertete, sehr bekannte Unternehmen, obwohl jeder behaupten würde, sich nicht von der Masse leiten zu lassen.
Wie gesagt, ich gehe davon aus dass die vorgenannten Unternehmen bzw. die von Tim Schäfers Lesern ausgewählten Aktien schlechter abschneiden als meine Auswahl stark unterbewerteter Titel.